Heute waren wir wieder einmal zu spät!
Als ich während der Arbeit zufällig einen Blick aufs Telefon warf und die aufgeregte Nachricht von Alex sah, war das Inserat natürlich schon lange wieder weg. Ganze 30 Minuten war es online, das Inserat mit der coolen 3.5-Zi Wohnung der begehrten Familiengenossenschaft FFGZ. Alex konnte das Inserat gerade noch screenshotten, das Anmelde-Formular war aber schon wieder weg, als er es zehn Minuten später ausfüllen wollte.
Kaum ein Inserat ist noch mehrere Stunden online
Alex und ich waren sicher nicht die Einzigen, die enttäuscht wurden. Wahrscheinlich liest kaum jeder Empfänger oder jede Empfängerin unserer Genossenschaftsscout-Emails halbstündlich seine E-Mails. Man ahnt ja auch nicht, dass die Inserate so kurz online sind. Die Ernüchterung kommt dann beim Öffnen des Links: Es ist gar keine Wohnung (mehr) online.
Ein ähnlicher Vorfall mit der PWG war für uns damals der Auslöser, überhaupt den Algorithmus zu schreiben: Als eines der ersten Ergebnisse spuckte der Genossenschaftsscout-Algorithmus am 16. November nach dem Mittagessen ein Inserat aus: Coole 3-Zimmer Wohnung, bezahlbar, in Zürich! Perfekt also. Nur: Man musste alle Unterlagen inkl. Steuerrechnung (wo war die noch mal?), Motivationsschreiben, aktuellem Betreibungsauszug etc. bis zum 16. November einreichen.
Also heute! Kurze Zeit später war das Inserat schon wieder verschwunden. Zum Glück hatten wir bis dann die Bewerbung schon zusammen.
Kurz, kürzer, am kürzesten
Hartgesottene Genossenschaftswohnungssuchende wissen, dass man keine Nacht verstreichen lassen darf, um sich auf Inserate zu bewerben. Aber des Öfteren gibt es immer wieder Situationen, wo die Inserate nicht einmal eine Stunde online sind. Da grenzt es an Glück, wenn man überhaupt auf das Inserat stösst.
Es ist mir unbegreiflich, wie wir diese Inserate ohne unseren Algoritmus finden sollten.
Und selbst trotz unserem Algorithmus haben wir es noch verpasst! Ärgerlich. Doch wer genau hinschaut weis, dass auf der FFGZ-Webseite schwarz auf weiss geschrieben steht: „Freie Wohnungen, Parkplätze und Gewerberäume werden von Montag bis Freitag jeweils um 16 Uhr hier ausgeschrieben.“ Und das meinen sie tatsächlich ernst.
Andere Genossenschaften machen es ähnlich. Erst im letzten Blog-Beitrag ‚Wo stecken die fast 70’000 Genossenschaftswohnungen in Zürich‘ wies ich darauf hin, dass auch die MBGZ ihre Wohnungen ausschliesslich auf Flatfox publiziert, und das nur jeweils zwischen 17:30-18:00 Uhr. Unmöglich, da bei allen 130 Genossenschaften den Überblick zu behalten.
Schikane oder Spiegel des Wohnungsmarkts?
Man würde gerne die Genossenschaften über die Hintergründe dieser Praktiken befragen. Aber wir können ja unsere Fantasie ein wenig schweifen lassen und über die Gründe spekulieren:
A Die Genossenschaften werden überschwemmt von Anfragen
Die Nachfrage nach bezahlbaren Genossenschaftswohnungen ist enorm gross. Entsprechend werden die Genossenschaften von Leuten wie mir und dir wie Habichte beobachtet. Auch wenn die meisten Leute das Inserat verpassen, einige Glückliche werden es trotzdem schaffen. Und zum Schluss sind auch nur ein oder zwei geeignete Kandidaten nötig. Die Genossenschaften ersparen sich dadurch die mühselige Arbeit, sich durch Berge von Anfragen arbeiten zu müssen.
B Sie möchten uns helfen?
Da lehne ich mich ein wenig weit aus dem Fenster, aber es könnte tatsächlich sein, dass die FFGZ und die MBGZ uns mit ihrer Ankündigung tatsächlich das Leben einfacher machen wollen. Auch sie wissen vermutlich, wie unübersichtlich und spontan die Welt der Genossenschaftswohnungs-Suche sein kann. Mit einer zeitlichen Ankündigung können Sie treuen Beobachtern entgegenkommen, und bringen ein wenig Ordnung in das Chaos. Eigentlich ein edles Motiv. Aber: Die meisten Leute wollen und müssen sich bei mehreren Genossenschaften bewerben. Sollen wir also mehrere über den Tag verstreute Wecker stellen, um uns an die jeweiligen Posting-Zeiten unserer Lieblingsgenossenschaften zu erinnern?
Alles andere als stressfrei
Eine zeitliche Ankündigung kann als ein Zeichen einer wohl strukturierten und geführten Organisation verstanden werden. Dafür habe ich vollstes Verständnis. Aber das ultra-kurze Zeitfenser?
Es kann leicht als Schikane abgetan werden, aber ich denke es wiederspiegelt nun mal den verzweifelten Wohnungsmarkt – wären wir bei einer Genossenschaft verantwortlich für das Durchackern der Bewerbungs-Berge würden wir wahrscheinlich auch kürzere Zeitfenster vorschlagen.
Die Folge davon ist, dass die auch sonst nicht gerade als ’stressfrei‘ zu bezeichnende Wohnungssuchende noch gehetzter wird. Alex und ich haben uns schon viel zu viele Gedanken gemacht, in welchem Format (Google Drive? Dropbox? Und wenn man noch etwas bearbeiten muss?) unsere Bewerbungsunterlagen abzuspeichern sind, dass auch jeder von uns zu jeder Zeit eine Bewerbung abschicken kann.
Was also können wir tun?
Leider kann ich keine Lösung präsentieren. Vorschläge wie ‚regelmässig Emails checken‘, ‚Unterlagen bereithalten‘ beleidigen die Intelligenz meiner Mit-Genossenschaftssucher – das wissen wir längst alles. Ich denke man gewinnt am Meisten (und verliert am wenigsten Nerven) wenn man das Ganze stoisch betrachtet. Gut, wir haben das Inserat heute verpasst, aber vielleicht schaffen wir es beim nächsten Mal. Da fast jeden Tag Inserate aufgeschaltet werden, und immer wieder coole dabei sind hilft es nichts, jedem Verpassten nachzutrauern.
Das mag für eine Familie, dessen Wohnung gerade gekündigt wurde und welche verzweifelt nach etwas Günstigem sucht kein besonders hilfreicher Rat sein. Aber für alle Anderen: keep it cool and go with the flow.
Und ja, ein bisschen Selbstwerbung zum Schluss: Mit dem Genossenschaftsscout-Abo kannst Du immerhin selber bestimmen, wie oft Du auf Deine Emails schaust, und musst Dir nicht merken ob jetzt die FFGZ, MBGZ oder die ABCD-Genossenschaft ihr Inserat um 15:30 oder 16:00 aufschaltet.